Geschichte der karibischen Paartänze

Rumba  Danzon   Son   Merengue  Bolero  Mambo  ChaChaChá  Cumbia  Salsa  Vallenato

von Jördis und Henry Guzmán 1997 (Juan Carlos bedank sich sehr bei Jördis und Henry Guzmán, da sie eine großen Leistung beim Schreiben dieser Texten erbracht haben. y que viva la salsa!

Salsa und seine Wurzeln

Unsere Musik ist nicht anderes als der Ausdruck unserer Art zu lieben, zu hassen, zu fühlen, die alltägliche Existenz zu leben, ohne Schutz zu sein, voll von Sonne, Wind und Meer, einem Horizont und einem weiten Himmel, herrlich blau, der uns einhüllt mit unserer wahrhaftigsten Hoffnung der Karibik. (Domingo Alvarez)  

Die Salsa-Musik ist kein Rhythmus oder Musikstil. Sie ist die Vereinigung aller musikalischen Tendenzen, die sich heute im urbanen Raum der Karibik treffen. Kubanischen Wurzeln entsprungen, in New York in den siebziger Jahren musikalisch angereichert, hat sich die salsa seitdem immer mehr ausgebreitet. Es ist kein Wunder, daß die Hochburgen zunächst in Regionen zu finden waren, in denen die gleichen sozialen und kulturellen Bedingungen herrschen wie in Kuba, z.B. in Caracas (Venezuela), Barranqilla und Cali (Kolumbien) oder San Juan (Puerto Rico), deren Bevölkerung sich zu großen Teilen aus Schwarzen und Mulatten d.h. den Nachkommen der afrikanischen Sklaven zusammensetzt. Salsa ist der musikalische Ausdruck des Barrios (Stadtviertels). Die sich immer mehr gleichenden Armenviertel bringen Themen und Traditionen hervor, die heute in den Salsa- Texten zur Geltung kommen: die Familie, die Liebe, die Freunde, die Sraße, das fehlende Geld, die Gewalt und Situationen sozialer Unzufriedenheit. 

Auf Kuba, dem Ursprungsland der salsa, wird Musik nicht zelebriert, sie wird gelebt. Unvorstellbar, daß in irgendeinem Winkel von Havanna nicht Musik gemacht oder gehört würde - selbst bei einem der zahllosen (und stundenlangen) Stromausfälle dröhnt noch irgendwo ein letztes Transistorradio oder intoniert jemand auf einer leeren Flasche eine rumba. Die populäre Musik Kubas ist ein explosives Mischprodukt, in dem sich auch die wechselvolle Sozial-und Kulturgeschichte des Landes spiegelt. In einem jahrhundertelangen, von Widersprüchen und Auseinandersetzungen geprägten Verschmelzungsprozeß verband sich die traditionelle Musik der spanischen Siedler mit den Tänzen, Liedern und Instrumenten der Sklaven, die sich in Geheimgesellschaften und calbildos de nación zusammenschlossen. Das Ergebnis ist, wie der kubanische Nationaldichter Nicolás Guillén einmal gesagt hat, "klingender Rum, mit den Ohren zu trinken...". 

Während der Kolonialzeit erlaubten es die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen nicht, daß sich schwarze und weiße Kulturen auch nur annähernd gleichberechtigt gegenüberstanden. Außer bei religiösen Riten gab es jedoch für die Sklaven noch einige Möglichkeiten, sich musikalisch zu betätigen, z.B. während der Arbeit (Worksongs) oder wenn die weißen Herren ihre Sklaven zum Fest aufspielen ließen, um europäische Besucher mit dem Tanz- und Musikspektakel der "Wilden" zu konfrontieren. Eine dieser Gelegenheiten war der 6. Januar, nach christlicher Mythologie der Dreikönigstag, an dem die Sklaven eines Stammes ihren König wählten und anschließend in Gruppen mit Maskenträgern, Musikern und Tänzern (comparsas) durch die Straßen der Städte bis vor den Gouverneurspalast zogen. Auf dem jeweiligen Plaza de Armas, dem zentralen Waffenplatz, trommelten, tanzten und sangen sie, stürmten die Treppen zum Palast hoch, um dort ihre Neujahrsgeschenke (Süßigkeiten und Getränke, manchmal eine Unze Gold) in Empfang zu nehmen. Dieses Spektakel ließen sich auch die katholischen Spanier nicht entgehen. Demzufolge bedeutete für die Schwarzen der Karneval noch etwas anderes. Es war ihre Gelegenheit, die besten und schwierigsten Tänze mit den kompliziertesten Choreografien zu zeigen, mit Kostümen und Kulturattributen zu defilieren und ihre sonst als minderwertig qualifizierte Kultur zu produzieren.  So enstand die traditionelle kubanische rumba als Musik zum Feiern und zum Tanzen, musikalische Unterhaltung aus Sklavenbaracken, Mietskasernen und Vorstädten. Sie ist schwarze Musik, die sich aus dem Überlebenswillen der nach Kuba verschleppten afrikanischen Sklaven entwickelte, die mit Witz und virtuosen Trommelschlägen ihren Alltag auf der Zuckerinsel kommentierten.